Was, wie und warum ich lese
Ich war ne echte Leseratte
seitdem ich früh begriffen hatte
welch Wunder ich in Händen hielt
denn nun konnte ich ganz gezielt
in tausende von Träumen reisen
ganz sanft geführt auf Wörtergleisen
Pipi, Momo, Ronja waren
die tollsten Mädchen, wie ich fand
Wilddrusen, Graue Herrn, Gefahren
von Phantásien bis nach Lummerland
und bis zuletzt werd‘ ich bewahren
Geschenke aus Autorenhand
Kurz drauf empfand ich Leidenschaften
in alten Zeiten zu verhaften
wollt wissen, wie die Menschen waren
vor hundert, oder tausend Jahren
wie sie gekämpft, geliebt, gebaut
auf welche Götter sie vertraut
Ritter, Römer Pharaonen
ob Felle oder Purpurkleid
auch Dinosaurier vor Äonen
wie lebte es sich zu der Zeit?
Wie änderten sich Grenzen, Zonen?
Wie wiederholt sich Glück und Leid?
Die Fantasien wuchsen weiter
und wurden bald zum Wegbereiter
für ein gänzlich neues Streben
wollte selbst nun gern beleben
die Welt, die meinem Kopf entsprang
deshalb fing ich zu schreiben an
Gedicht, Erotik, Fantasie
Ideen flossen vom Kopf aufs Blatt
Ich las und schrieb nun als Genie
so manches Mal hat‘ ich es satt
und dachte oft: Ich schaff das nie
bis ich’s dann doch erschaffen hat.
Doch las ich nicht nur um zu lernen
konnt‘ mich erweitern und entfernen
vom Diktat der Druckerschwärzen
und es ging mir sehr zu Herzen
wie ganz allein der Worte Klang
mit neuem Zauber mich bezwang
Hörspiel, Hörbuch, vorgelesen
wie vor hunderten von Jahren
bewegte gänzlich neu mein Wesen
inspirierte fortzufahren
neu zu erzählen, was gewesen
Wort und Geräusch zum Klang zu paaren
Ich les auch gern fürs Studium
das was ich mag und drum herum
Geschichten aus dem Mittelalter
so manchen Wissensgutsverwalter
mal leicht, entspannt, mit Hochgenuss
doch auch gehetzt, mit Zwang, Verdruss
Texte primär und sekundär
von Dichtern und von klugen Leuten
doch manchmal fällt es mir recht schwer
zu versteh’n: was soll’s bedeuten?
denn mancher schreibt nur klug daher
und verhetzt die Bildungsmeuten
Zum Lesen gibt es viele Gründe
wenn ich sie zählen wollt, dann stünde
ich wohl noch den ganzen Abend hier
bevor ich mich da drin verlier
lieber kurz was zum Bedenken:
Lesen ist nicht nur ablenken
es ist träumen, Magie, Wissenschaft
mit andrer Leute Augen sehen
auch wenn man ihren Blick nicht rafft
und wenn geboren unter Wehen
was des Dichters Wort erschafft
kann man nur ahnen, nie verstehen
Lesen bildet, lesen wandelt
kaum etwas wird nicht behandelt
der Blick ins Buch verändert dich
mal stark, mal kaum, mal klammheimlich
lehrt Dich sprechen, schreiben, lesen
kehrt Dein Hirn als neuer Besen
alle sind sie Weltenbrücken
Romane, Wissenschaft, Gedicht
schließen deine Wissenslücken
oder tauchen sie neues Licht
drum sag ich Dir aus freien Stücken:
All das verpasst Du, liest du nicht!